» ABENDLAND | Nürnberger Nachrichten, 15. Februar 2002
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Mit dem Berliner Filmgenie Fred Kelemen („Verhängnis“, „Frost“) bekommt die Novemberdepression Sinn: Umwölkten Gemüts rutscht man noch lustvoller in seine wehmutssatten Nachtbilder. Und nach fast zweieinhalb Stunden voll Murnau‘scher Wucht und meditativer Tarkowskij-Rätsel taucht man munter wieder auf und ist eine Weile der Überzeugung, dass Traurigsein schön ist und Kino, Musik und Kunst zusammengehen.
Stimmt natürlich nicht. Drei Jahre hat Kelemen darum kämpfen müssen, dass sein deutsch-portugiesischer „Fado in Bildern“ mit einer Kopie durchs depressive Deutschland wandern durfte. Dabei passt die Story, oder besser: das Irrlichtern seiner Nachtgestalten in zeichensatten Tableaus, zur nationalen Gemütslage. Es geht um Anton (Wolfgang Michael), den im urbanen Moloch versinkenden Arbeitslosen, der in seiner Not an der Liebe der Büglerin Leni (Verena Jasch) irre wird. Sie trennen sich trotzig und kalt in der Dämmerung, um sich bei Sonnenaufgang, nach einem sehnsuchtsvollen Schlingern durch die Nacht, seelisch ahnbar weicher gespült, wieder zu berühren.
Kelemens Bilder erzählen, nachts minimalistisch aber stets warm ausgeleuchtet, tags immer grell, dasselbe wie die wehmütige Musik. Alles ist bedächtig verwoben, nie langweilig. Die narrativ „deutlichen“ Passagen seiner kafkaesk hermetischen Erlösungsvision sind sogar komisch. Unbeabsichtigt, vermutlich.

wu
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