» Synopsis Es wird recht wenig gesprochen in den drei Stunden, in Erinnerung bleibt vor allem ein eindrucksvolles, strenges Bühnenbild aus mehreren beweglichen Ebenen sowie eine ausgezeichnete Licht- und Musikregie. Auffälligstes Merkmal der Inszenierung ist aber die Vermischung der Spiel- mit Filmszenen, die – technisch wie dramaturgisch gleichermaßen ausgefeilt – immer wieder in Großprojektion eingeblendet werden. Die niedersächsische Hauptstadtpresse lobt denn
auch die technischen Aspekte der Inszenierung, hat sich ansonsten aber
gelangweilt und wünscht sich: mehr Feuer. Vielleicht zu recht. Würde
man einen Koeffizienten bestimmen, wieviel Handlung in welcher Zeit transportiert
werden konnte, würde die Kelemen-Aufführung sicherlich nicht
als besonders effizient durchgehen. Aber es geht ja wohl noch um etwas
anderes: um die vollkommene Trostlosigkeit einer Gesellschaft, in der
die Daily Soaps jede Kultur, jedes Denken abgelöst haben. Und um
die Frage, ob es dazu wirklich der Gewalt bedarf, wie es sich Bradbury
noch ausgemalt hat. In Bradburys »Fahrenheit 451« schließt
sich Montag man Ende einer Gruppe an, die die verbotenen Bücher auswendig
lernt und so am Leben hält. In Kelemens Inszenierung geht es nicht
so sehr um die Rettung der Bücher, es geht um die Wiederherstellung
der Fähigkeit, eigene Gedanken zu entwickeln und die Wahrnehmung
zu erweitern. Es ist die Frage, ob diese Fähigkeit eher bedroht ist,
wenn eine pervertierte Feuerwehr ausrückt, um mit den Flammenwerfer
versteckte Bücher zu vernichten, oder wenn sich der denkende Mensch
vor dem Fernsehtribunal von Richterin Barbara Salesch wiederfindet.
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